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Aktuelle Studie belegt: Süßstoffe verändern das Mikrobiom und erhöhen den Blutzuckerspiegel


Auf Dauer ist ein hoher Konsum von Süßigkeiten und süßen Backwaren ungesund – und dies auch dann, wenn es sich um Diätprodukte mit Süßstoffen handelt, wie die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) betont. Denn es mehren sich die Hinweise darauf, dass auch von diesen Substanzen ein Gesundheitsrisiko ausgeht, wenn sie dauerhaft konsumiert werden.

Süßstoffe verhalten sich nicht neutral

Die Zahl übergewichtiger und fettleibiger Menschen steigt weltweit seit Jahrzehnten an – und mit ihr
die Häufigkeit von Wohlstandskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes.
Seitdem bekannt ist, dass die Gewichtszunahme eng mit dem Zuckerkonsum zusammenhängt,
erfreut es sich großer und noch immer wachsender Beliebtheit, Speisen und Getränke nicht mit
Haushaltszucker (Glukose), sondern mit Süßstoffen wie Sucralose oder Aspartam zu süßen. „Dabei
ging man lange Zeit davon aus, dass diese Substanzen nicht nur kalorienfrei sind, sondern sich im
Körper überhaupt völlig neutral verhalten“, sagt PD Dr. med. Birgit Terjung, Chefärztin der Abteilung
Innere Medizin der GFO Kliniken Bonn und Vorstandsmitglied der DGVS. Mittlerweile gebe es aber
etliche Untersuchungen, die zeigten, dass auch die Süßstoffe den Körper nicht völlig spurlos
durchqueren.

Besonders detailliert wurde diese Frage in einer Studie des Weizmann-Instituts im israelischen
Rehovot untersucht, die kürzlich im renommierten Fachjournal „Cell“ publiziert wurde (1). Die
Forschenden um Studienleiter Eran Elinav verabreichten ihren Probandinnen und Probanden in der
ersten großen Studie an Menschen jeweils einen der vier Süßstoffe Saccharin, Sucralose, Aspartam
und Stevia in gängigen Dosierungen. Während der zweiwöchigen Einnahme dokumentierten sie
mögliche Änderungen des Stoffwechsels, sowie den Effekt der Süßstoffe auf die Zusammensetzung
und die Funktion des Mikrobioms.

Saccharin und Sucralose fielen bei den Versuchen dadurch auf, dass sie eine starke glykämische
Antwort begünstigten: Während der regelmäßig durchgeführten Glukose-Toleranztests stieg der
Blutzuckerspiegel der Probanden deutlich stärker an als vor Beginn der Süßstoffeinnahme. „Die
sogenannte Blutzuckerkontrolle, also die Fähigkeit des Körpers, den Blutzuckerspiegel auch bei
Aufnahme von Glukose niedrig zu halten, war demnach unter Einfluss der Süßstoffe deutlich
reduziert“, erläutert Professor Dr. med. Johann Ockenga, Direktor des Klinikums Bremen Mitte und
renommierter Ernährungsmediziner.

Stoffwechselprodukte im Blutplasma

Darüber hinaus konnten die Forscherinnen und Forscher vielfältige Änderungen in der
Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms sowie in der Konzentration bestimmter
Stoffwechselprodukte im Blutplasma der Probandinnen und Probanden nachweisen. Diese waren
sowohl zwischen den verschiedenen Süßstoffen als auch individuell unterschiedlich, korrelierten aber
mit dem Ausmaß, in dem die Blutzuckerkontrolle der jeweiligen Probandinnen und Probanden
verringert war. Tatsächlich neutral verhielt sich keiner der Süßstoffe.

Um zu überprüfen, ob ein Zusammenhang zwischen den beobachteten Stoffwechselveränderungen und der veränderten Darmflora bestand, führten die israelischen Forscher zusätzlich Versuche an Mäusen durch: Sterile Mäuse, die selbst keinerlei Darmflora besaßen, wurden mit der Darmflora der Versuchspersonen behandelt. Sie entwickelten daraufhin dieselben Auffälligkeiten bei der Blutzuckerkontrolle.

„Die Studie zeigt auf eindrückliche Weise, dass sich Süßstoffe im Körper durchaus nicht passiv
verhalten“, sagt Ockenga. Vielmehr zeichneten sich mannigfaltige Wechselwirkungen mit dem
Mikrobiom und ein deutlicher Einfluss auf das Stoffwechselgeschehen im Körper ab. In diese
Richtung deutet auch eine weitere aktuelle Studie, nach der Sucralose bei Mäusen die Funktion des
Immunsystems beeinträchtigen kann. Gerade angesichts der zunehmenden Beliebtheit von
Süßstoffen seien solche Fragen von großer Relevanz, ergänzt Terjung. Die langfristigen Auswirkungen
auf die Gesundheit seien noch weitgehend unklar und müssten dringend genauer untersucht
werden.

Auch Fruchtzucker (Fructose), der ebenfalls oft eingesetzt wird, um Glukose einzusparen, kann nicht
als unbedenkliche Alternative zum Haushaltzucker gelten. „Eine aktuelle Studie (2) zeigt, dass
Fructose die Neubildung von Fett in der Leber sogar stärker anregt als Glukose“, sagt Terjung. Damit
könne auch diese Zuckervariante zu den typischen Stoffwechsel- und Gesundheitsproblemen
beitragen, die üblicherweise mit einem hohen Zuckerkonsum in Verbindung gebracht werden: Neben
einem gestörten Glukosestoffwechsel und dem Typ-2-Diabetes zählt auch die Entwicklung einer
nicht-alkoholischen Fettleber dazu. Das Fazit der DGVS-Expertin: „Naschen ganz ohne Reue scheint
es nicht zu geben!“ Auf lange Sicht müsse einfach weniger Süßes gegessen werden. Außer, natürlich,
an Weihnachten und Ostern.

Quelle: PM: PM_2023_04_DGVS_Zuckerersatz_F.pdf

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